Schleppjagd in Bad Königshofen

Jede Schleppjagd hat ihren eigenen Charakter, ihren Charme, eine gewisse Einzigartigkeit, eben das gewisse Etwas, an das man sich gerne zurückerinnert – oder auf das man sich im Vorhinein schon freut.

 

Wenn man den Jagdkalender der Frankenmeute liest, dann fällt einem zu jedem Termin – sind es doch mittlerweile überwiegend treue Veranstalter, die den Master oft direkt nach der Jagd das Versprechen abnehmen, im nächsten Jahr wieder zu kommen – etwas ein. Hier ist es das einzigartige Flair, dort die besondere Strecke, ein andermal das Panorama, das unsere Erinnerung lebendig hält. Wenn der Funke überspringt, dann wird ein Herbsttag zu etwas Besonderem, beleuchtet aus vielen Blickwinkeln, zum Leben erweckt durch Persönlichkeiten, Emotionen, Menschen, Pferden und Hunden. Und um die soll es nun gehen.


Wenn zwei Vereinsmitglieder, die sich zur Jagdsaison in nahezu jedem Jagdfeld hinter der Frankenmeute zu Hause fühlen, im gleichen Jahr einen runden Geburtstag feiern, dann? Ist das der perfekte Anlass, um bei der Schleppjagd in Bad Königshofen Jagdherren zu sein. Die Planungen waren bereits in vollem Gange, dann musste die Jagd allerdings in Absprache relativ kurzfristig abgesagt werden, da die örtlichen Infektionszahlen eine Veranstaltung nicht zuließen. Aufgeschoben ist nicht aufgehoben! – das war für beide keine Frage. Für den Schleppjagdverein ein großes Glück, wenn man auf die Unterstützung seiner Jagdherren auch in unsteten Zeiten zählen kann. Und passend auch, dass sich Thomas und Uwe für diese Jagd entschieden haben, stellt Bad Königshofen doch die größte und anspruchsvollste Jagd im fränkischen Kalender, bei der sportliches Reiten, eine anspruchsvolle Strecke und hervorragende Hundearbeit im Vordergrund steht. Somit wie gemacht für die beiden! 

Die Freude war Allen anzusehen, die sich am Sonntag im Sportheim in Bad Königshofen trafen, um gemeinsam beim Stelldichein in den Jagdtag zu starten. Zu dem fränkischen Kern reisten Gäste bis aus Bad Saulgau, Limburg, Kassel und München an. Da die Trink- und Wandelhalle, sonst gewohnter Anlaufpunkt für das Stell-dichein und das anschließende Jagdessen, in der Zwischenzeit abgerissen wurde, fand man sich erstmals im Sportheim ein.

 

Für die offizielle Begrüßung hätte die Tribüne am Fußballplatz kein besserer Ort sein können. Der Anblick des gepflegten Grüns forderte übrigens bei mehr als einem Reiter den Wunsch zutage…, man ahnt es?! So viel kann gesagt sein, die neun Schleppen, mehrere Kilometer lang und ohne Bande waren dann doch verlockender. 

Aber noch einmal zurück zum Sportheim. Dort folgte auf die offizielle Begrüßung von Dr. Armin Kirchdorfer eine wirkliche Überraschung, die zu einem unvergesslichen Moment werden sollte. Zunächst dachte sich wohl niemand etwas dabei, als Leo Dracopoulos aus der Gruppe der Bläser weg ein Stück nach vorne zu den Rednern trat. Vielleicht hätte man noch mit einem Gedicht, einer Einstimmung auf den Jagdtag gerechnet, aber ganz sicher nicht mit einer eigens für Armin Kirchdorfer und Uwe Hochbrückner komponierten Fanfare: La Arwe. 


Komponiert, eingeübt, auf Papier gebracht und gerahmt konnten beide dieses Geschenk und die große Ehre in Händen halten und selbstverständlich auch live hören. Es war mucksmäuschenstill auf der Tribüne, wissend um diesen emotionalen Augenblick. Man muss dazu sagen, dass Leo für dieses Stück eine offizielle Genehmigung aus Frankreich eingeholt hat, was bei Fanfaren für Personen kein ganz einfaches Unterfangen ist. Die Rührung war offensichtlich und sorgte für das erste, große Highlight dieses Tages. Das ist wohl auch ein Teil der Faszination und der Begeisterung, die wir für diesen Sport empfinden, dass es nämlich auch um Zwischenmenschlichkeit, Freundschaft und Verbundenheit geht und das wurde hier ganz deutlich. 

Die bewährte Strecke in Bad Königshofen führte über neun Schleppen, sechs vor und drei nach der kurzen Rast, in frischem Tempo durch die vom Herbst schon mit bunten Farbklecksen gespickte Landschaft. Dass an der Strecke keine großen Veränderungen vorgenommen werden, ist kein Zufall. Der Verlauf, die Positionierung der Hindernisse, Länge der Schleppen usw. – wenn man das einmal ausgeklügelt hat und eine funktionierende Strecke steht, dann darf diese gerne beibehalten werden. Ganz bewusst ist auch die Entscheidung, auf der ersten Schleppe gar kein Hindernis und auf der zweiten Schleppe einen einzelnen Sprung ohne große Dekoration zu platzieren. So können Pferde und Reiter in die Strecke hineinfinden, den Rhythmus und das Tempo einstellen, sich mit dem Sprungtyp vertraut machen und mit einem guten Gefühl weiterreiten. Ab der dritten Schleppe sind Hindernisse von 90-120 cm, Bürsten, Gräben und Hecken aufgebaut, die jeweils eine hohe und eine niedrige Seite haben. Auch das ist getestet und für äußerst gut befunden, diese Art des Aufbaus hat sich bewährt und wird gerne angenommen. Das positive Feedback unmittelbar nach der Jagd bestätigt dies immer wieder. So kann beispielsweise nach einer Unsicherheit beim nächsten Sprung auf klein angeritten werden, um wieder Vertrauen zu fassen. Mancher Reiter wählt von vorneherein lieber klein oder groß, für jeden ist etwas dabei und wer gar nicht springen möchte, wählt seinen Platz am Ende des Jagdfeldes und kann die Hindernisse umreiten. 


Dass diese Strecke, diese Jagd „funktioniert“, das kann man hören und sehen. Die Hunde geben ganz klar zu verstehen, wenn sie im vollen Eifer die Schleppen ausjagen dürfen, spurlaut flitzen sie über die Wiesen, um Kurven und Ecken. Freilich legt man die Schleppen nicht so aus, dass man den Hunden absichtliche Fallen stellt. Aber ganz stupide geradeaus, das wäre den quirligen und arbeitstüchtigen Beagles dann doch zu fad, deshalb geben die Wendungen, wechselnde Untergründe und Böden ihnen eine richtige Aufgabe, es ist spannend und sie müssen sich gut konzentrieren, um das Trittsiegel, gelegt von Armin Kirchdorfer und Michaela Harting, nicht zu verlieren. Die Vorfreude auf die kurz bevorstehende Aufgabe ist groß, wenn die Schleppenleger weg sind und die Hunde von der Equipage ein Stück weggeführt werden. Da heißt es, volle Konzentration, die Augen und Ohren überall haben und trotzdem Ruhe ausstrahlen. Master Uwe Hochbrückner führt vorne links, die Equipage Anina Stosch, Alessandra Pflaum, Christine Wägelein und Thomas Harting als Piköre. Wer die Hundearbeit einmal genau beobachtet, der bemerkt, welche Höchstleistungen die kleinen Nasen da erbringen. 

Im Jagdfeld unter der Führung von Uwe Gutsmann und Peter Hofmann, herrschte „heeeeeeerrliche!“ Stimmung, nicht nur hörbar, sondern auch sichtlich erkennbar beim Blick in die Gesichter. Es gab zwar einen kleinen Sturz in einer Kurve, der aber absolut glimpflich ausging. 

Hören kann man übrigens auch die Hörner, und wie! Auf dem gesamten Streckenverlauf haben Armin und Uwe die besten Plätze für die Bläser ausfindig gemacht und von dort aus haben die reiterlichen Jaghornbläser München, die Main Parforce, Schanzer Parforce, die Taucher und die Trompes Franconiennes mehr als einmal für ein Lächeln auf den Lippen der Reiter gesorgt. Durch die teilweise recht hügelige Landschaft erhalten die Hörner nochmal richtig Nachdruck und verleihen der Stimmung durch den ganzen Jagdtag ihren Ausdruck. 

Dann, die letzte Schleppe auf der großen Wiese vor Bad Königshofen, frei einsehbar von den Zuschauern, die Bläser mittendrin und die Schleppe als halbe Schleife über DIE Hecke. Alle kommen gut an. Die Hunde warten bereits mit frischem, aufmerksamen Blick nach oben – das verdiente Lob abholen. Die Pferde haben nun Gelegenheit, bei der Schrittstrecke vom Halali zurück ins Städtchen abzuschwitzen, zu entspannen. An der Jahnpromenade angekommen, erwartet alle das Curée. Ein ruhiger Moment, in dem man der Dankbarkeit ihren Raum lassen darf, die Hunde noch einmal aus der Nähe beobachten kann. Und sich ein klein wenig schon aufs nächste Mal freut! 


Text: Lisa-Maria Seidl

Bilder: Stefanie Empter und Doris Frank-Schneider