Gestüt Pichersee (Spreewald)

Nach unserem Zwischenstopp in Rittersgrün, das quasi auf der Strecke in den Spreewald liegt, machte sich unser Konvoi auf den Weg Richtung Köthen. Vorbei an Chemnitz und Dresden. Am frühen Abend sind wir dann auf der Gestütsanlage Pichersee angekommen. Zwischen Groß-Wasserburg und Köthen passiert man bei der Anfahrt das Ufer des idyllischen Köthener Sees, mit in den Wogen schaukelnden kleinen Kähnen und Segelbooten. In diesem Moment bleibt bei uns immer die Zeit stehen und wir lassen spätestens hier unseren Alltag hinter uns, so Präsident Armin Kirchdorfer in seiner Begrüßungsrede. 

Während dessen haben sich schon eine große Zahl angereister Gäste mit den „Gestüterern“, Familie Bröcker, Familie Hofmann und auch mehrere BHC-Mitglieder im „Kaiserbahnhof“ in Halbe eingetroffen. Das Königliche Empfangsgebäude ist ein denkmalgeschütztes Gebäudeensemble, das an der Bahnstrecke Berlin- Cottbus liegt. Der Kaiserbahnhof wurde 1865/66 erbaut. Er war ausschließliche für die Monarchen Friedrich III. und Wilhelm II. bestimmt. Die Kaiser nutzen das Gebäude als Ausgangspunkt für ausgedehnte und repräsentative Hofjagden, die von der in der Nähe gelegenen Oberförsterei Hammer in das Schenkenländchen und in die Dubrow gingen. Dementsprechende wurden die Gäste sehr schnell durch die Architektur der kaiserlichen Bahnhofshalle und durch einen wunderbar informativen und kurzweiligen Vortrag von Ulli Bröcker über das Jagdreiten der letzen Jahrhunderte in dieser Region des Spreewalds, versetzt. Bei Wildschweinbraten mit Birnen und Rotkohl und herrlichen Bratäpfeln zum Nachtisch wurde die kulinarische Seele der Gäste gestreichelt und das Jagdwochenende des BHC zum Tag der Deutschen Einheit fand einen mehr als würdigen Einstand.

Über Nacht ist es frisch geworden. Und so empfing uns das Gestüt und der Gestütssee mit aufsteigendem Nebel. Stockenten schwammen ruhig auf dem See dahin. Herrliche Ruhe lag über dem Areal. Vereinzelt bellten die Hunde. Ein schöneres Intro für diesen Jagdtag hätte es nicht geben können. Nach und nach erwachte das Gestüt, Pferde wurden aus ihren Boxen herausgeholt, geputzt, Schweife verlesen, Sattelzeug hergerichtet, Stiefel geputzt, Plastrons gebunden- grad schön war`s  das muntere Treiben zu beobachten.

Gegen 11.00 Uhr wurde der Jagdtag offiziell durch Andreas Hofmann und Dr. Armin Kirchdorfer in gewohnt herzlicher Manier eröffnet. Musikalisch umrahmt wurde der Tag durch die Brandenburger Parforcehornbläser unter der Leitung von Maren Hoff. 

Wie heißt es immer so schön: „Man muss die Dinge nehmen wie sie kommen und das Beste daraus machen.“ Teile des einzigartigen Waldbestandes rund um das Gestüt wurden im letzen Jahr zum Biosphärenreservat erklärt. Das hat nun zur Folge, dass wir auf Grund forstrechtlicher Bestimmung nicht mehr die Hundemeute, obwohl wir alle unsere Betriebssicherheitsprüfungen ect. erfüllen, in diesen Teilen des Waldes führen dürfen. So haben wir kurzerhand die ersten beiden Schleppen ohne Hundemeute geritten. Das tat dem ganzen Geschehen aber keinen Abbruch. Denn schaut man mal alte Aufnahmen von Jagdgesellschaften an, so wurden diese damals auch mit Kutschen an den Ausgangspunkt der Jagd in den Wald gefahren. Dort wurden dann die Hunde aus ihren Transportvehikeln herausgelassen und die Jagd startete. Ähnlich haben wir es in diesem Jahr auch gemacht. Für die Gestüterer hat die Ausweisung des Biosphärenreservats allerdings weitreichender Folgen als wir uns das vorstellen können. So stehen sie als Organisatoren eines herrlichen Vielseitigkeitsturniers vor ganz neuen Herausforderungen. 

So stießen also die Hunde mitten im Wald zum Jagdfeld dazu. Nun hieß es für die Schleppenleger Nicole Hoffmann, Laurenz Bröcker (beide BHC) und Regina Wick (FM) sich zu sputen. Die Hunde waren supermotiviert und das Tempo war schnell. Der Boden im herrlich duftenden Wald federte, auf Grund der Niederschläge in den Tagen vorher, wunderbar. Bodenwellen, S-Schleifen bergauf, Biegungen und Wendungen in alle Richtungen alles von Wald umgeben. Die Hunde hatten ihren wahren Spass und die Teilnehmer im Jagdfeld hinter Master Uwe Hochbrückner und seiner Equipage waren reiterlich gefordert. Schnell waren Hunde, Pferde und Reiter auf Betriebstemperatur. Immer wieder sind wir fasziniert von diesen Hunden. Denn die Frankenmeute reitet auf Trittsiegel. Was heißt das? Die Hunde riechen mit ihren Nasen lediglich die Körperzellen der Schleppenlegenden Pferde, deren Bodenverletzung und Schweißpartikel. Noch immer hält sich das Gerücht, dass die Hufe eines dieser Pferde mit aromatisierten Salben eingerieben ist- Dies ist aber nicht so! Die Frankenmeute könnte auf jeder Schleppe andere Pferde auswählen und die Hunde würden trotzdem diese hervorragende Arbeit leisten. Auf die Frage, was denn passieren würde, wenn ein fremdes Pferd die Schleppe kreuzen würde, war die Antwort sehr einfach. Das fremde Pferd würde eine neue, interessantere Schleppe legen und die Hunde würden diese Spur verfolgen. 

Das Gelände rund um das Gestüt bietet unerschöpfliche Möglichkeiten für herrliche Schleppen. Das Highlight der Jagd ist allerdings die Irrgartenschleppe. Diese Schleppe ist einzigartig und fordert die ganze Qualität der Hundemeute. Sie mit Worten beschreiben zu wollen, würde niemals dieser Streckenführung gerecht werden. Dass die Hunde am Ende einer Schleppe Applaus vom Jagdfeld bekommen, passiert nur sehr selten, drückt aber genau das aus was dort ausgearbeitet wurde. Wer uns Franken kennt, weiß dass wir nicht die eloquentesten Menschen sind, jedoch das Herz am rechten Fleck haben. So waren wir am Ende dieser Strecke selbst sehr angefasst von unseren Hunden. 

Die Curée und Bruchverteilung wurde wieder im Gestüt gemacht. Ein wahrlich herrliches Jagdwochenende fand seinen Abschluss und jeder durfte oder musste wieder in seine Realität zurück, nicht aber ohne extrem gute Erinnerungen mit Heim zu nehmen.

Text: FM

Bilder: Ullrike Bröcker, Armin Kirchdorfer