Am 21. Oktober lud der Reitverein Bad Saulgau zusammen mit Jagdherrschaft Fam. Kurt Wetzel bereits zum 7. Mal zur Schleppjagd nach Oberschwaben, in den kleinen Weiler Braunenweiler. Stelldichein ist seit Jahr und Tag schon immer das Firmengelände der Fam. Wetzel. Die Schlange der eintreffenden Auto-Anhängergespanne wollte an diesem Samstagmorgen gefühlt kein Ende nehmen. Dieses Phänomen durften wir in den letzten Jahren jedesmal beobachten. Sogar unsere Freunde aus der nahegelegenen Schweiz waren angereist. Bad Saulgau liegt ca. 30 km nordwestlich des Bodensees, so war auch für die „Schweizer“ die Anreise nicht sehr weit.  

Weit über 50 Jagdgäste trafen zum herzlichen Stelldichein auf dem Hof ein. Hier in Oberschwaben erleben wir immer noch etwas, das wir in der Fränkischen Region teilweise vermissen. Die Schleppjagd gehört für unsere oberschwäbischen Reiterfreunde zum gesellschaftlichen „Must have“. So reiten im Jagdfeld neben „Jagdreitern“ auch junge Amazonen und Gentlemen, die den Rest des Jahres zumeist im Spring/ Dressursattel auf den regionalen und überregionalen Turnieren verbringen. Und für die Schleppjagd werden nicht irgendwelche ausrangierten Sportpferde gesattelt, sondern sie kommen mit ihren Turnierpferden. Herausragend! Wir freuen uns jedesmal über dieses Phänomen!  

Bei sehr vielen anderen Veranstaltungen haben wir kaum ein derart durchmischtes Publikum. Denn wir müssen uns immer wieder anhören, dass SIE mit ihren Turnierpferden keine Jagd reiten können- zu gefährlich! Diese Verknüpfung verstehen wir allerdings nur schwer. Denn sollten es nicht gerade die Turnierpferde sein, die durch sehr gute Ausbildung und somit Rittigkeit besonders in Auge fallen sollten?

 

In Bad Saulgau ist es noch so, dass auch mit Turnierpferden auf der Jagd geritten wird – Wir sagen: Das ist gut so! Das ist vielseitige Ausbildung- und so soll es sein.  

Als wir 2014 zum ersten Mal von Kurt und Melli Wetzel eingeladen wurden, waren wir über eine weitere hippologische Besonderheit dieser Jagd beeindruckt. Denn auch der Fahrsport spielt in der südbaden- württembergischen Region noch eine sehr große Rolle. So wurde damals bespielsweise die Schleppjagd durch einen historischen Nachbau eines englischen „Dogcars“ in einer für die Schleppjagd typischen Tandem-Anspannung begleitet. In dieser Anspannung wurde früher zur Jagd gefahren. Unter dem Sitz des Fahrers waren die Hunde untergebracht. Die Wagonette wurde als „Einspänner“ gefahren und das Reitpferd wurde einfach vor das Zugpferd gespannt. Und kam so „ausgeruht“ auf dem Rendezvous-Platz ein.

 

Auch in diesem Jahr wurde die Jagd durch zwei Gespanne begleitet zwar nicht im Tandem, aber in sehr schönen Gespannen. Wunderschön anzuschauen!

Pünktlich zur Mittagszeit eröffneten die Fanfaren des Spielmannzugs Bad Saulgau die diesjährige Schleppjagd. Leider waren die Schmalegger Jagdhornbläser, die in den letzen Jahren dieser Jagd das Tüpfelchen auf dem i aufsetzten, krankheitsbedingt ausgefallen. Die fünfmannstarke Bläsergruppe spielt nämlich das Horn zu Pferde. Schade, dass sie in diesem Jahr nicht dabei waren, aber wir können sagen, dass die Fanfarenbläser ebenfalls hervorragend gespielt haben und die Schleppjagd mit dem „Yorkshire Marsch“ wunderbar eröffnet haben. Sodann ging aus auf die neun wunderschönen Schleppen rund um Braunweiler. Hindurch durch Waldpassagen mit den ersten Sprüngen, weiter über abgeerntete Felder und vorbei an wunderschönen lila Zwischenfruchtfeldern. Traumhafte Bilder entstanden, die in diesem Jahr von Corinna Bliederhäuser und Judith Fiedler eingefangen wurden. Auch hier ein herzliches Dankeschön für diese tolle Arbeit!

Die Schleppjagd Bad Saulgau erfüllt alles was eine hervorragende Jagd auszeichnet. Zuerst einmal spürt man überall dieses wunderbar herzliche Gefühl. Schon bei der Begrüßung durch Kurt und Melli Wetzel und auch den ganzen Rest der Familie, dann bei der Dekoration der Halle für Stelldichein und den abendlichen Stiefelball. Aber besonders herausragend ist die Ausgestaltung der vielen, vielen Jagdhindernisse. Keines gleicht dem anderen, jeder einzelne Sprung ist liebevoll dekoriert. Sonnenblumen, gebundene Blumengirlanden, Tannengrün, Reisig, Maiskolben, alles was die Natur anbietet wurde zur individuellen Gestaltung der Hindernisse verwendet. Einfach einzigartig! Es gilt einfach all diesen fleißigen Hände „Danke“ zu sagen, dass uns Reitern beim Feiern dieser Schleppjagd ein derart wohliges Gefühl entgegenbracht wird.  

Haben wir eigentlich erwähnt, dass es irgendwann während des Reitens angefangen hat zu Regnen, aber keiner hat`s gemerkt. Merkste was! So muss es sein!

 

Nach einem kurzen Stop auf dem idyllischen Hof von Maria in den Nähe von Bondorf ging es über Hunde und Reiter über drei Schleppen zurück nach Braunenweiler. Dabei bauten die Saulgauer alles mit ein was das Gelände hergab. Steilwall bergauf- bergab, überbauter Trakehenergraben, Fasanenschütte, Naturoxer, und so weiter und so weiter! Für die Schleppenleger Lisa Wetzel und Helmut Schneck neben Dr. Armin Kirchdorfer boten sich einzigartige Bilder der Schleppjagd wie wir uns sie nur im Idealfall vorstellen könnten und die Hunde jagten auch in diesem Jahr wieder die gestellten Aufgaben vortrefflich aus!

Gefühlt viel zu schnell war das Ende der letzten Schleppe erreicht, was aber hier, wie soll man sagen, noch nicht das Ende der Fahnenstange ist. Denn, nachdem Hunde und Pferde versorgt sind, geht es für alle Teilnehmer zum Stiefelball mit Jagdgericht. Armin Bauer, seines Zeichens Staatsanwalt vor dem hohen Jagdgericht, brachte den Jagdherren, Feldführung Tobias Wetzel, die Equipage der Frankenmeute und andere bekannte Missetäter auf die Anklagebank. In gewohnt komödiantischer Art brachte er die Verfehlungen des Tages mit gekonnt ernster Intention zur Sprache. Was haben wir herzhaft gelacht! Das rauschende Fest zog sich noch bis weit nach Mitternacht und ein wahrlich wunderschöner Jagdtag klang aus.

Wir bedanken uns ganz herzlich bei Kurt und Melli und der ganzen Familie Wetzel zusammen mit dem Reitverein Bad Saulgau für diese tollen Stunden.

Text: FM

Bilder: Corinna Bliederhäuser, Judith Fiedler, Dr.Armin Kirchdorfer